Pepping, Ernst (hierzu Taf. 70), * 12. Sept. 1901 in Duisburg. Pepping entstammt einer niederrhein. Handwerkerfamilie, ist in Duisburg, Mülheim (Ruhr) und Essen aufgewachsen und stud. 1922 bis 1926 an der Staatl. Hochschule für Musik in Berlin Kompos. bei Walther Gmeindl, vorübergehend auch geistes- wiss. Fächer an der Friedrich-Wilhelms-Univ. Berlin. Mit instr. und vok. Werken ist er seit 1926 zunächst innerhalb der KaM.-Feste Donaueschingen und Baden-Baden und der Tonkünstlerfeste des Allgemeinen Deutschen Musikver. (Krefeld 1927, Duisburg 1929, Bremen 1931) hervorgetreten. Seit 1927 lebte er als frei schaffender Musiker in Mülheim (Ruhr) und Essen. 1934 wurde er als Lehrer für MTh. und Kompos. an die Berliner KM.-Schule (Berlin-Spandau) berufen; seit 1953 wirkt er außerdem als Prof. für Kompos. an der Berliner Musikhochschule. Gegen Ende seiner Studienzeit (1926) erhielt er den Felix Mendelssohn-Preis für Kompos.; 1948 wurde er mit dem Kunstpreis des Landes Berlin, 1955 mit dem Dietrich Buxtehude-Preis der Hansestadt Lübeck und 1956 mit dem Robert Schumann-Preis der Stadt Düsseldorf geehrt. Seit 1955 ist Pepping o. Mitgl. der Akad. der Künste Berlin. 1961 verlieh ihm die Phil. Fakultät der Freien Univ. Berlin ehrenhalber die Würde eines Doktors der Philosophie.
Die künstlerische Entwicklung Peppings geht auf die seit etwa 1920 in Deutschland eingetretene »Stilwende der Musik« zurück. Wie P. Hindemith u.a. Musikern seiner Generation ging und geht es Pepping um die kompositorische Wiedereroberung der Polyphonie, die er im Instrumentalen mit der Anknüpfung an das barocke Concerto, auf instr. und vok. Felde mit der Wiederaufnahme des c.f.-Prinzips einleitete. Der Umgang mit dem prot. Kirchenliede begründete seine klare Stellungnahme zum mus. Material und seine Entscheidung für eine freie, von den Kirchentonarten abgeleitete erweiterte Tonalität (Stilwende der Musik, 1934). Von den konstruktivistischen frühen Instr.- Werken gelangte er über die Orch.-Var. zu einem Liedsatz von Senfl zu der heiteren, den konzertant- sinfonischen Esprit Haydns aufgreifenden I. Symphonie. Die symphonische Überlieferung wirkt stärker nach in den Symphonien II und III und den weiteren Orch.-Kompos. bis hin zu den Zwei Orch.-Stücken über eine Chanson des Binchois (1958). Dem c.f.-Prinzip ist vor allem die große Zahl der Orgelwerke verpflichtet, die Choral-Partiten und die in mehreren Orgelbüchern vorgelegten Choralvorspiele und Orgelchoräle, denen als c.f.-freie Schöpfungen zwei Concerti und neun Fugen gegenüberstehen. - Der mit der konzertant-artistischen Choralsuite eröffnete Weg der vok. c.f.-Bearb. führte von der Deutschen Choralmesse (1928) zur Deutschen Messe »Kyrie Gott Vater in Ewigkeit« (1938), von den Choralsätzen des umfassenden Spandauer Chb. zu den Liedmotetten nach Weisen der Böhm. Brüder, den Choral-Bicinien und dem Neuen Choralbuch. In produktiver Wechselbeziehung zur Formenvielfalt der Choralbearb. wuchsen gleichzeitig die c.f.-freien Chw. heran: der für die stilistische Klärung bedeutsame 90. Ps. von 1934, die Evangelien-Motetten der dreißiger Jahre, die Missa »Dona nobis pacem« von 1948. Die Höhepunkte dieser Werkreihe bilden die beiden großen Historienkompos., der Passionsbericht des Matthäus und die Weihnachtsgeschichte des Lukas, die in Form und Stil, in Darbietung und Deutung der anspruchsvollen biblischen Textvorwürfe alle hist. Vorbilder der Gattung schöpferisch überwinden. Das Ziel, die Chormusik in Verbindung mit wertvoller Dichtung und mit dem Stilwillen der Zeit auf die Ebene der großen Kunst zu führen, hat von Anfang an auch Form und Format des weltl. Chorschaffens bestimmt, das von den kleineren Zyklen von 1930 und 1936 zu den größeren von 1940/41 und 1949 gelangt: deutsche Bänkellieder bilden die Grundlage der heiter-ironischen mus. Spiegelung des menschlichen Daseins im Lob der Träne, zwölf bzw. achtzehn Kalenderbuch-Gedichte Josef Weinhebers begründen mit ihrer inhaltlichen Fülle den mus. Reichtum der orato-rischen Rang einnehmenden Zyklen Das Jahr und Der Wagen. Der in diesen Werken verwirklichte bildhaft-prägnante und ausdrucksstarke, von virtuoser Madrigalistik durchwobene und die Individualität des reinen Chorklangs in ihrer ganzen Vielfalt offenbarende Chorliedstil ist auf der Grundlage Goethescher Lyrik im Liederkreis Heut und ewig zu neuer Höhe gesteigert worden. - Im Mittelpunkt der KaM. Peppings steht Kl.-Musik, deren dem Klang des Instr. verbundene stilistische Entfaltung von der streng polyphonen Sonatine zu den strengen Formen der individuell geprägten Romanzen, Sonaten, Phantasien und Var.-Zyklen übergeht und in deren Mitte der Zyklus Tanzweisen und Rundgsg. die tänzerische Grundkraft und zugleich das Ideal der Kantabilität dieses klavieristischen Musizierens deutlich bekundet. Seiner spielerischen Gelöstheit und formalen Klarheit steht das den seelischen Nöten der Gegenwart eng verbundene Liedschaffen gegenüber. Die in vier Liederkreisen dargebotenen rund siebzig Lieder für eine Singst. und Kl. zeugen mit dem weiträumigen Melos der Solost., dem beschwingten Fluß des eigenständigen Kl.-Parts für die Unvergänglichkeit der Gattung. - Pepping hat seine im Concerto- und c.f.-Prinzip gründende »polyphone Formidee« (Pepping) in der »Vielgestaltigkeit« und »Spannweite« (H. Zenck) seines Schaffens folgerichtig verwirklicht. Ein großer Tl. desWerkes konnte mit den Texten, den mus. Formen in den Dienst der KM. treten. Mit der frühen Überwindung seiner experimentierenden Anfänge hat er alsbald die schöpferische Mitte seines kompositorischen Wirkens im Bekenntnis zur Ausdrucksfunktion der Musik gefunden. Dieser spezifisch deutschen Anschauung von der Musik ist er in seinem reichen instr. und vok. Schaffen traditionsbewußt verpflichtet. Der Passionsbericht, die Weihnachtsgeschichte oder das Tedeum und v.a. gehören zu den überragenden mus. Schöpfungen innerhalb der deutschen Kunst der Gegenwart.
Adam Adrio
[Die Musik in Geschichte und Gegenwart: Pepping, Ernst, S. 5. Digitale Bibliothek Band 60: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, S. 58853 (vgl. MGG Bd. 10, S. 1026) (c) Bärenreiter-Verlag 1986]
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